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CHALKIDA - Archäologisches Museum Chalkis

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2020-07-05 2022-09-11 05.07.2020
Archaeologisches Museum Chalkis 0001
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Die Exponate im Museum der Hauptstadt Euböas stammen aus dem Zeitraum zwischen der paläolithischen Zeit und der Spätantike, die in der Stadt selbst, in ihrer Umgebung und an anderen Stellen der Insel ans Licht gekommen sind.
Das 1990 eingeweihte Museum ist in der Vorhalle und drei Sälen eines Gebäudes aus dem frühen 20. Jh. untergebracht; die Funde sind nach chronologischen und thematischen Gesichtspunkten geordnet.
So reizvoll die im Freien aufgestellten großformatigen Fundstücke auch sein mögen, so ist es doch geraten, diese zum Schluss zu betrachten: Sie sind jünger als fast alle anderen in den Sälen ausgestellten Antiken, und außerdem erfordert ihre Betrachtung weniger Konzentration, als sie die kleinformatigen Objekte im Museum verlangen.

Archaeologisches Museum Chalkis 0002
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Man wende sich also im Inneren des Museums nach rechts, wo die Funde aus dem langen Zeitraum von der paläolithischen (rund 100.000 v. Chr.) bis zum Ende der geometrischen Zeit (um 700 v. Chr.) ausgestellt sind.
Unten in Vitrine 1 auf der linken Seite des Saales sieht man Werkzeuge aus der Altsteinzeit aus Feuerstein, die in Angali und Agios Georgios in Nordeuböa sowie in Nea Artaki und in Agios Athanasios in Zentraleuböa gefunden worden sind.
Die handgemachte Keramik in der derselben Vitrine stammt überwiegend aus der Tharounion-Höhle in Zentraleuböa, in der zahlreiche Gefäßarten mit unterschiedlichen Dekorformen aus neolithischer Zeit ans Licht gekommen sind, darunter eine bemalte Schale und ein eigenartig geformtes Gefäß mit eingeritzten Dreiecken, das vielleicht zur Beleuchtung der Höhle gedient hat. Daneben sieht man einige Werkzeuge aus dieser Zeit.
In den drei folgenden Vitrinen 2-4 und in der gegenüber stehenden Vitrine 9 sind die Funde aus Manika ausgestellt, das nicht weit nördlich von Chalkis liegt; dort hat in frühhelladischer Zeit eine wichtige Küstensiedlung bestanden. Wie die Funde zeigen, standen ihre ihre Einwohner mit zahlreichen Häfen der Ägäis in Kontakt und handelten mit dem für die Herstellung von Waffen und Werkzeugen unentbehrlichen Obsidian von der Insel Milos sowie mit Agrarprodukten und Holz.
Eine Vorstellung von dieser Siedlung vermitteln der Plan und die Fotografien der Häuser, die links und rechts von Vitrine 2 aufgehängt sind. Unten in der Vitrine ist ein Grab rekonstruiert, man erkennt einen pfannenförmigen Gegenstand, Obsidianklingen und ein Kykladenidol.
Außerdem sieht man in Vitrine 2 kugelige Gefäße mit der typisch neolithischen glänzenden Bemalung, darunter eine sog. Sauciere mit schnabelförmigem Ausguss, sowie Klingen und andere Geräte aus Obsidian.
In Vitrine 3 sind zahlreiche Gefäßtypen des 3. Jahrtausends v. Chr. ausgestellt, wie Askoi, Kannen, zweihenklige Becher trojanischen Typs, Amphoren sowie Bronzewerkzeuge (Feilen, Messer und Angelhaken).
Die folgende Vitrine 4 enthält Keramik aus mittelhelladischer Zeit aus Manika und andere, in Gräbern gefundene Objekte. Besonders hinzuweisen ist auf das pfannenförmige Gerät, eine Schale aus Marmor, eine Pyxis, die kleinen Gefäße mit Resten der Farbe, mit der die verstorbenen kultisch bemalt wurden, sowie die kleinen Spitzamphoren.
Auf dem Boden der Vitrine sieht man neben einigen Schmuckgegenständen aus Bronze weitere Gefäße (Schalen, Fruchtschalen und zweihenklige Gefäße), die zur Gattung der sog. Minyschen Ware gehören.
Ebenfalls aus Manika stammen die Objekte in Vitrine 9: Marmorpyxiden von den Kykladen, Steinkelche mit hohem Fuß, Farbbehälter aus Bein mit Ritzverzierung und tiergestaltige Steingefäße.
In derselben Vitrine sind noch einige Marmorgefäße aus Makrikapa in Zentraleuböa ausgestellt.
Besonderes Interesse weckt die bedeutende Sammlung von Kykladenidolen, die in den letzten Jahren gefunden worden sind; es sind nahezu alle Entwicklungsphasen dieser für die bronzezeitlichen Kykladen typischen Figuren vertreten. Besonders hervorzuheben sind das aus Bein gearbeitete Idol (Nr. 5419), der Kopf eines Idols im Spedos-Typus (Nr. 5804), die Sitzstatuette mit vor die Brust genommenen Armen aus Ophit, einem dunkelgrünen Stein (Nr. 5966), und die nackte Sitzfigur mit gekreuzten Füßen (Nr. 6049), die den linken Arm vor die Brust genommen und den rechten Unterarm erhoben hat.
In den auf der rechten Seite des Saales stehenden Vitrinen sind Grabbeigaben aus mykenischer Zeit ausgestellt.
Obwohl bislang noch keine umfangreichere mykenische Wohnbebauung im Bereich von Chalkis gefunden worden ist, beweisen die reichen Funde aus den Kammer- und Tholosgräbern, den hohen Lebensstandard der Bevölkerung zwischen dem 17. und dem 11. Jh. v. Chr. Der Aufschwung des Seehandels, die reichen natürlichen Ressourcen und die Kontrolle über die Meerenge des Eurypos bildeten die Voraussetzungen für das Aufblühen der Siedlungen. Dass Chalkis in dieser Zeit eine Blüte erlebt hat, bezeugt die Erwähnung der Stadt im Schiffskatalog in Homers Ilias, dem zufolge Chalkis mit 40 Schiffen am Trojanischen Krieg teilgenommen hätte.
In Vitrine 5 sieht man Keramik aus frühmykenischer Zeit (1600-1450 v. Chr.), die vor allem mit Pflanzen- und Meeresmotiven bemalt sind und damit minoischen Einfluss dokumentieren. Die meisten von ihnen stammen aus der Nekropole, die zu Beginn des 20. Jhs. am nördlichsten Stadtrand an der Stelle Vromoussa ausgegraben worden sind.
Besonders hinzuweisen ist auf die mit Lilien bemalte Kanne, die mit den charakteristischen achtförmigen mykenischen Schilden bemalte Bügelkanne, das brotförmige Alabastron, das Rhyton und das ausgezeichnet erhaltene Bronzeschwert.
Die Gefäße in Vitrine 6 stammen aus der Zeit von der Endphase der mykenischen Kultur im 13. Jh. v. Chr. bis zum Vordringen der dorischen Stämme nach Griechenland um 1100 v. Chr.; sie sind in Vromoussa, Panagitsa bei Manika und in Mistros in Kammergräbern gefunden worden.
Die Tongefäße in Vitrine 7 tragen eine andersartige Bemalung. Sie stammen aus protogeometrischer und geometrischer Zeit (um 1050-700 v. Chr.), aus der Zeit also, in der gegen 800 v. Chr. die Stadt Chalkis gegründet wird, deren Einwohner zusammen mit denjenigen der Stadt Eretria auf der Chalkidike, in Süditalien und auf Sizilien Koloniestädte gründen.
Man sieht in dieser Vitrine ein u. a. für Opfer bestimmtes Drillingsgefäß (Kernos) (Nr. 1659) und eine kleine Hydria aus dem 8. Jh. v. Chr., deren Hals mit einem Lebensbaum bemalt ist, der von zwei auf die Hinterbeine aufgerichteten Pferden flankiert wird (Nr. 2107).
Die letzte Vitrine dieses Saales (8) enthält Beispiele der Kleinkunst aus der Zeit zwischen etwa 3000 und 1100 v. Chr., die von Euböa und aus dem Nahen Osten stammen.
Besonderes Interesse wecken die beiden zylindrischen mykenischen Siegel mit Prozessions- und Fischdarstellungen, die Ketten mit Perlen aus Fayence, Achat und Elektron, die Elfenbeintäfelchen und die beiden Statuetten in Form der griechischen Buchstaben Phi (mit vor die Brust genommenen Armen).
In derselben Vitrine ist im Andenken an den bedeutenden Archäologen Christos Tsountas, der zu Beginn des 20. Jhs. auf Euböa gearbeitet hat, eines seiner Manuskripte ausgestellt.
Die Funde aus der chronologisch anschließenden historischen Zeit sind im linken Saal des Museums ausgestellt.
Schöne Beispiele der Kunst der archaischen Zeit stellen die beiden lächelnden Kurosköpfe dar, die links des Eingangs zu sehen sind. Aus derselben Zeit stammen die beiden Kurostorsen, die die Vitrine 10 flankieren. Derjenige links stammt aus spätarchaischer Zeit (520-480 v. Chr.), der andere ist im Heiligtum des Apollon Daphnephoros in Eretria gefunden worden; die Giebelfiguren dieses Tempels sind im Museum von Eretria ausgestellt.
Die kleine Sammlung archaischer Plastik beschließt das über der Vitrine angebrachte Relief mit der Darstellung eines einen Hirsch reißenden Löwen, einem in dieser Zeit besonders beliebten Motiv.
In Vitrine 10 sind zahlreiche unterschiedliche Funde vor allem aus Metall ausgestellt, die aus ganz Euböa stammen.
Besonders hinzuweisen ist auf die kleine ithyphallische Bleistatuette (Nr. 1408), die vergoldeten bronzenen Schmuckelemente, die wahrscheinlich von einem Blütenkranz stammen und in der Bronzeschale so ausgestellt sind, wie sie gefunden worden sind (Nr. 856), und die drei Bronzeglöckchen, die wahrscheinlich Übel abwehren sollten.
Der in hellenischer Zeit sehr verbreitete vergoldete Terrakottaschmuck war auf Leder oder Stoff aufgenäht. Auf dem Boden der Vitrine sind Waffen ausgestellt.
In derselben Vitrine ist außerdem eine interessante Münzsammlung zu sehen, in deren Darstellungen sich die Geschichte der Insel vom 5. Jh. v. Chr. bis zum Ende der römischen Zeit spiegelt. Kurz nach Ägina sind bereits sehr früh (575-550 v. Chr.) auch in Chalkis, Eretria und Karystos Münzen geprägt worden; um 350 v. Chr. kam mit Histiaia eine weitere Prägestätte hinzu.
Außer den euböischen sind hier auch athenische Münzen mit der charakteristischen Eule zu sehen, ferner Silbermünzen aus Böotien, Münzen aus der Zeit der Makedonenherrschaft, solche aus Städten, mit denen Handelskontakte bestanden, sowie aus der Zeit der Römerherrschaft. Rechts neben Vitrine 10 ist eine Bronzehydria ausgestellt, die in Aliveri gefunden worden ist.
In Vitrine 11 sieht man mit Tier- und Pflanzenmotiven sowie mit Kriegern und Fabelwesen bemalte korinthische Aryballoi aus dem frühen 6. Jh. v. Chr. Aus Korinth stammt auch die auf dem Mittelbord rechts ausgestellte Lekythos (Nr. 960), auf der ein Hirsch und ein Löwe dargestellt sind.
Von besonderem Interesse sind das Terrakottasieb (Nr. 2829), der mandelförmige Amphoriskos (Nr. 1404) und die mit einer auf einem Viergespann stehenden weiblichen Gestalt, bei der es sich vielleicht um Ariadne handelt, bemalte Lekythos, die dem sog. Maler von Athen 581 zugeschrieben wird und um 500 v. Chr. entstanden ist.
Unter den Terrakotten, bei denen es sich überwiegend um Votivfiguren handelt, ist besonders auf die Statuette Nr. 1059 auf dem Mittelbord und auf das aus einer böotischen Werkstatt stammende Brettidol hinzuweisen.
Von besonderem Interesse sind auch die beiden Tonmasken mit dem charakteristischen archaischen Lächeln (Nr. 2849, 2850) und die beiden Sirenen (Nr. 272, 1080) auf dem mittleren Bord.
Rechts neben Vitrine 11 ist eine mit einem Giebel bekrönte Grabstele aus dem 4. Jh. v. Chr. aufgestellt, auf der ein Jüngling dargestellt ist, der in der Rechten einen Vogel hält; der attische Einfluss ist deutlich erkennbar.
Daneben sieht man ein Fragment einer weiteren Grabstele mit einer weiblichen Gestalt, die mit der linken Hand in das Gewand greift, ein Werk des 5. Jhs. v. Chr.
Bei den Objekten in Vitrine 12, Tongefäßen, Terrakotten und Schmuckgegenständen, handelt es sich überwiegend um Grabbeigaben aus klassischer und hellenistischer Zeit.

Archaeologisches Museum Chalkis 0003
Goldenen Kranz aus hellenistischer Zeit

Der Blick fällt sofort auf den goldenen Kranz aus hellenistischer Zeit, der aus 82 Olivenblättern besteht und wahrscheinlich einem Wettkampfsieger gehört hat. Neben weiterem Schmuck sieht man eien Puppe mit beweglichen Gliedern und eine kleine archaische Herme aus römischer Zeit.
Unter den in dieser Vitrine ausgestellten Tongefäßen ist besonders hinzuweisen auf die rotfigurige Lekythos auf dem oberen Bord (Nr. 2741), den Deckel einer Lekanis auf dem unteren Bord links mit den nach rechts schreitenden weiblichen Gestalten (Nr. 2931) und einen Amphoriskos aus Chalkis (Nr. 578).
In Vitrine 13 sieht man u.a. weißgrundige Lagynoi, in denen in hellenistischer Zeit der Wein aufgetragen wurde, eine sitzende weibliche Figur aus Terrakotta mit dem noch erhaltenen weißen Überzug (Nr. 2858) sowie eine Hermes-Statuette auf dem unteren Bord (Nr. 2807).
Zwischen den Vitrinen 13 und 14 sind zwei Grabreliefs zu sehen die einen von seinem Hund begleiteten verstorbenen Jüngling zeigen.
In Vitrine 14 sind Tongefäße und Werke der Kleinkunst aus hellenistischer und römischer Zeit ausgestellt, darunter Skyphoi mit Reliefdarstellungen, Räuchergefäße, Webgewichte, Lämpchen und Matrizen für deren Herstellung, ein Phallus aus Marmor und drei Goldringe.
Auf dem Weihrelief neben der Vitrine sind der Gott Pluton mit dem Horn der Amaltheia und Dionysos dargestellt, der zwei seiner Attribute hält: den Kantharos und den Thyrosstab.
In der Mitte des Saales ist die kopflose Statue eines Jünglings aufgestellt, bei dem es sich um eine römische Kopie nach einem Vorbild aus dem 5. Jh. v. Chr. handelt. Wenn man den Saal verlassen hat, sieht man rechts drei kopflose Mädchenstatuetten, sog. Bärinnen, die aus einem unbekannten euböischen Artemis-Heiligtum stammen werden.
Der Mittelsaal des Museums beherbergt einige der am besten erhaltenen Skulpturen des Museums.
Die Mitte beherrscht eine Statue mit nacktem Oberkörper, die sich auf einen Baumstumpf stützt und in der Apollon oder Dionysos zu erkennen ist; sie stammt aus dem 1. Jh. n. Chr. (Nr. 12).
Rechts neben ihr steht eine Statue des Antinoos, des Lieblings des Kaisers Hadrian, der als Dionysos dargestellt ist; er trägt einen Kranz aus Efeublättern und Weinreben, sowie schräg über den Körper geführtes Pantherfell (Nr. 32).
Bevor man das Museum verlässt sieht man rechts den sog. Hermes von Chalkis, dessen Unterkörper die Form eines Hermenschafts besitzt (Nr. 35); er stammt aus römischer Zeit.
Nach dem Verlassen des Museums sieht man auf dem Weg zum gegenüberliegenden Schutzdach fünf Säulen aus Poros, die von einem großen unbekannten Tempel innerhalb der Stadt stammen, der vermutlich dem Zeus geweiht war.
Unter dem Schutzdach B sind vor allem überlebensgroße römische Figuren versammelt, darunter eine weibliche Sitzfigur (Nr. 33), die wahrscheinlich die Göttin Demeter darstellt und gegen 380 v. Chr. entstanden ist.
Rechts sieht man die Fragmente von drei Pferden, Weihinschriften und drei Statuetten der thronenden Göttin Kybele.
Unter dem Schutzdach A sind auf der rechten Seite einige beschriftete Votiv- und Grabstelen und in der Mitte weitere römische Skulpturen zu sehen. Links sind Funde ausgestellt, die mit athletischen Wettkämpfen in Zusammenhang stehen (Statuen, Votivstelen und Grabreliefs).
Zum Schluss sieht man auf dem Weg zum Ausgang zwischen der Kasse und dem Schutzdach A die kopflose Marmorstatue einer knienden weiblichen Gestalt aus dem 4. Jh. v. Chr. (Nr. 1212), neben der Kasse die Statue eines Hundes (Nr. 1213) und gegenüber diejenige eines Löwen (Nr. 6123), die zu den jüngsten Zugängen des Museums zählt.

Archäologisches Museum Chalkidas
El. Venizelou Str. 13, Τ.Κ. 34100, Chalkida Evia
Euböa

Copyright: Museen Griechenlands
Erevnites Edition
GR.OK.F.B.
M. Str.